| Florian Cramer on 28 Sep 2000 23:03:17 -0000 |
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| [rohrpost] Anticopyright in künstlerischen Subkulturen, Manuskript (2/2) |
Nicht nur die Festivals of Plagiarism, sondern auch die seminalen
Anticopyright-Publikationen aus ihrem Umfeld bedienten sich dieser
Ästhetik. Die amerikanische Kleinzeitschrift PhotoStatic/Retrofuturism
(Abb. 2.5 und 2.6), wurde zum internationalen Forum der
Plagiarism-Kampagne und baute sie zu einem partiell auch theoretisch
anspruchsvollen Diskurs aus. Typischerweise lagen die Wurzeln von
PhotoStatic ebenfalls in Mail Art und Copy Art. 1988, in seiner
neunundzwanzigsten Ausgabe, erhielt es das Supplement Retrofuturism,
einer Mini-Zeitschrift in der Zeitschrift, als deren Herausgeber die
Plunderphonics-Band Tape-beatles firmierte und der Mutterzeitschrift
die Plagiarism-Kampagne injizierte. Zunächst nahm Retrofuturism das
untere Viertel aller Heftseiten ein. Später wuchs Retrofuturism über
die Hälfte der Seiten hinaus und verschmolz schließlich mit PhotoStatic
zu einer Zeitschrift, die neben VAGUE und SMILE maßgeblich zur erneuten
Rezeption situationistischer Schriften in künstlerischen Subkulturen
beitrug, im Gegensatz zu seinen britischen Pendants aber nicht an einer
corporate identity interessiert war, sondern daran, möglichst viele
Stimmen der plagiarism-Debatte zu sammeln und wiederzugeben.
Den Herausgebern kam zugute, daß selbstpublizierte Zines im Nordamerika
der späten 1980er und frühen 1990er Jahre ein subkulturelles
Massenphänomen waren und vor der Popularisierung des Internet eine
außerordentlich starke Netzkultur kreierten. Um 1990 rezensierte das
Meta-Zine Factsheet Five pro Ausgabe über 1300 Zines.7 Dank dieser
Netzkultur konnten SMILE, VAGUE, PhotoStatic/Retrofuturism und die
Festivals of Plagiarism ihren Diskurs vor allem in die Mail Art tragen
und deren Protagonisten durch Verunsicherung für sich einnehmen. Seit
den späten 1960er Jahren beruht die Kommunikation des Mail
Art-Netzwerks auf einem humanistischen Ethos, dem zumindest nominellen
Glauben an an eine demokratische Kunst, an der jeder als Künstler
partizipieren könne. Der amerikanische Anarchist Bob Black wendet
dagegen ein, daß die Mail Art sich zum Kunstbetrieb verhalte wie die
Paralympics zu den olympischen Spielen. Ihr System sei nicht egalitär,
sondern belohne lediglich nach anderen Maßstäben. So beruhe das
heimliche Starsystem der Mail Art - wie in Vereinskulturen - nicht auf
Qualität, sondern Quantität und Kontinuität von Beiträgen.
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Abb. 11: Xexoxial Endarchy, "Lewis Carroll, Innuendo",
Madison/Wisconsin, 1988
Sichtet man Archive und Anthologien der Mail Art, so stellt man in der
Tat fest, daß ihr Gros sich im epigonalen Imitieren von Fluxus und
Konzeptkunst erschöpft, diese Epigonalität aber nicht eingesteht und
deshalb auch nicht als künstlerische Strategie zu deklarieren weiß. So
konnten die Festivals of Plagiarism, SMILE, VAGUE und
PhotoStatic/Retrofuturism mit ihren Aufrufen zum Plagiat und zu einem
Kunststreik von 1990 bis 199 die Mail Art mit unbequemen Fragen
konfrontieren. Umgekehrt galt jedoch auch. Die Plagiats-Kampagnen
benötigten eine Ästhetik und waren, da sie den Kunstbetrieb
anvisierten, auf künstlerische Mitstreiter angewiesen. Die Mail
Art-Künstler standen hierfür bereit, und ihre Ästhetik vereinnahmte die
Festivals of Plagiarism. Zwei Druckschriften, die das amerikanische
Künstlerduo Xexoxial Endarchy (Liz Was und Miekal And) 1988 für das
erste Festival of Plagiarism herstellte, veranschaulichen diese
Problematik (Abb. 2.7). Die erste Schrift ist ein falsches Lewis
Carroll-Buch, die zweite ein gefälschter Maya-Codex als vorgeblich
ältestes Manifest künstlerischen Plagiatorentums. Bereits die
fotokopierten Einbänden lassen keinen Zweifel, daß es sich hier nicht
um ambitionierte Fälschungen, sondern typische, unschwer
identifizierbare Mail Art handelt, obwohl selbst mit den beschränkten
technischen Mitteln der Xerographie der Eindruck einer Raubkopie eines
verschollenen oder unter Verschluß gehaltenen Manuskripts leicht
herzustellen gewesen wäre.
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Abb. 12: Seite aus The Plagiarist Codex
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Abb. 13: Seite aus Lewis Carroll, Innuendo
Ein Blick in den vermeintlichen Maya-Codex (Abb. 2.8) räumt letzte
Zweifel an der Fabriziertheit des Dokuments, so denn es sie noch gab,
endgültig aus. Text und Typographie geben sich auch in der
Carroll-Pseudoepigraphie (Abb. 2.9) nicht einmal den Anschein einer
Simulation.
Die bündigste Kritik dieser Ästhetik wurde 1989 und 1993 in zwei
anonymen Pamphleten aus Baltimore formuliert. Auf dem Flugblatt History
Begins Where Life Ends heißt es:
Es ist unerheblich, daß die Festivals of Plagiarism in erster Linie
Kunstausstellungen für Collagen, Copy Art, Malerei und ähnliche
banale Bildformen waren. Es auch unerheblich, daß 'Festivals of
Recycling' der treffendere Titel gewesen wäre. Ins Gewicht fällt,
daß, indem das (oft sogar unkritische) Wiederverwenden und
Modifizieren von vorgefundenem Material 'Plagiieren' genannt wurde,
sich Leute mit gewöhnlichen Kunsthochschul-Arbeiten einen radikalen
Anstrich geben konnten. Hätten man diese Wiederverwendung von
Material einfach 'Recycling' genannt, dann hätten die Festivals eher
wie Produkte alter Hippie-Sozialdemokraten ausgesehen und sich nicht
halb so gut verkauft.``8
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Abb. 14: Seite aus: SMILE Individuality
Collectively Realized and Abandoned,
Baltimore, o.J., o.P.
Das zweite Pamphlet erscheint in einer SMILE-Ausgabe, die das Titelfoto
der Glasgower SMILE parodiert und dieses Plagiat des Plagiats wiederum
dem Original von George Brecht zuschreibt (Abb. 2.2). Aus der Sicht
eines Teilnehmers wird das erste Londoner Festival of Plagiarism
kritisiert:
,,Eine ostinaten Kritik von 'geistigem Eigentum' und 'Originalität'
wurde von Gruppen-Events flankiert, deren Teilnehmer mit dieser
Polemik zumeist nicht explizit einverstanden waren. Viele wollten
einfach ihre 'Ästhetik' und vage politischen Kunstwerke ausstellen
und nahmen das Festival als passende Gelegenheit dafür wahr. Dabei
warf das Konzept allgemeinere Machtfragen auch auf der
organisatorischen Ebene des Festivals auf. Sehr offensichtlich
hatten 'Aktivisten' Sprachregelungen vorgegeben und damit die
Veranstaltungen und den Diskurs programmatisch vorbelastet. Zugleich
gab es erhebliche Meinungsverschiedenheiten darüber, was eigentlich
das Konzept sei.``9
Die Kritik mündet in einem Aufruf zu einem Festival of Censorship: Eine
Freiheit des Plagiierens gäbe es nur dann, wenn auch die Monopole auf
Zensur abgeschafft seien. Zensieren sei zudem populistischer als
Plagiieren, weil die Zensur im Gegensatz zum Plagiat keine Kenntnis
guter Quellen voraussetze. Tatsächlich ist die Dualität von Plagiat und
Zensur nicht nur zeichentheoretisch begründbar: Jede plagiatorische
Selektion und Verdoppelung eines Zeichens impliziert nolens volens eine
Entscheidung gegen ein anderes Zeichen. Auch Lautréamonts Plagiat, das
eine ,,falsche Idee`` streicht und ,,durch die richtige Idee`` ersetzt,
verbindet plagiatorische Verdoppelung mit zensorischer Korrektur.
3 Kritik des Plagiarism
Da die Anticopyright-Kampagnen und der Festivals of Plagiarism blieb in
den Kunstbetrieb intervenieren wollten und doch nur in subkulturellen
Ghettos gefangen blieben, brach ihr Konzept im selbstverkündeten
Kunststreik zusammen. Um zu provozieren, hätte ein radikaler
Plagiatismus nicht seine eigene Ghetto-Ästhetik, sondern etablierte
Galeriekunst plagiieren müssen einschließlich der sozialen
Inszenierungen des Kunstbetriebs. Dies scheiterte schon daran, daß die
Beteiligten die Codes des kommerziellen Kunstbetriebs weder
beherrschten, noch sich überhaupt aneignen wollten. Auch anderenfalls
wären bestenfalls Plagiate von Plagiaten produziert worden, denn
Plagiate moderner Kunst wurden in den frühen 1980er Jahren schon von
amerikanischen appropriation artists wie Sherry Levine und Richard
Prince hergestellt. Der Erfolg der appropriation art demonstriert, daß
Plagiate nur im selben Diskurs, auf Augenhöhe mit den plagiierten
Objekten funktionieren. Eine plagiierte Warhol-Brillo Box ist kein
Plagiat mehr, wenn sie in einem Keller oder in einem Supermarkt steht.
Schon durch ihre Orte waren die Festivals of Plagiarism in ihrem
Anspruch gescheitert und erzielten nicht mehr als die
Selbstvergewisserung ihres Milieus. Und schließlich fehlte ihnen die
Souveränität, sich dieses Scheitern einzugestehen. Stattdessen wurden,
zum Beispiel auf der Einladung zum Glasgower Festival of Plagiarism
Scheinargumente - dazu noch schlechte vitalistische Scheinargumente -
gegen postmoderne Kunst angeführt:
,,[...] the 'appropriations' of postmodern ideologists are
individualistic and alienated. Plagiarism is for life,
post-modernism is fixated on death.``
Selbst als konzeptuelle Kunst hat der Plagiarism-Diskurs Schwächen,
weil sein theoretischer Horizont auf die klassischen Avantgarden und
die Situationistische Internationale begrenzt blieb. Radikalere
Konzepte der Appropriation von Zeichen formulieren zum Beispiel die
frühen Erzählungen von Jorge Luis Borges und Julia Kristevas 1967
publizierte Intertextualitäts-Theorie. Die französische Oulipo-Gruppe
um Raymond Queneau und Georges Perec nannte ihre ästhetischen Vorläufer
,,antizipatorische Plagiatoren``, und der amerikanische Schriftsteller
Raymond Federman entwarf eine selbstreflexive ,,Surfiction`` mit einer
Poetik des ,,playgiarism`` (mit ,,y``), ohne daß die
Plagiatoren-Subkulturen davon Notiz genommen hätten.
3.1 Plunderphonics
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Abb. 15:
Copyright Violation Squad, CVS Bulletin, Iowa City, 1992
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Abb. 16:
Jon Oswald, Plunderphonics, ca. 1989
Blieben die Festivals of Plagiarism ohne nennenswerte Nachwirkung über
den Kreis ihrer Teilnehmer hinaus, so erweisen sich heute die
Plunderphonics als erfolgreichstes Projekt der plagiatorischen
Subkulturen. Der Begriff wurde zuerst von dem kanadischen Komponisten
Jon Oswald geprägt und von den Tape-beatles zu einem Markennamen
gemacht. 1992 publizieren die Tape-beatles das Copyright Violation
Squad Bulletin (Abb. 3.1), einen Ableger von Retrofuturism, der im Zuge
der Gerichtsverfahren gegen Negativeland und Oswald den
,,Plunderphonics`` ein Manifest und eine corporate identity gibt.
Die Kritik der Festivals of Plagiarism und ihrer Ästhetik trifft
allerdings auch die Plunderphonics, deren Klangprodukte im strengen
Sinne keine Plagiate sind - also nicht z.B. einen Madonna-Song unter
eigenem Namen verbreiten -, sondern popkulturelles Audio-Recycling.
Musikalische Vorläufer sind Bernd Alois Zimmermanns Montage-Opern und,
bereits 1942, John Cages Stück Credo in Us für drei Percussionisten und
einen vierten Musiker an einem Radio oder einem Plattenspieler, der
dazu angewiesen wird, ,,some classic`` zu spielen, Beethoven, Dvorak,
Sibelius oder, so die Ironie, Schostakowitsch. Einen Ruf als ,,Sonic
Outlaws`` machten sich Negativeland und Oswald vor allem deshalb, weil
ihre Plattencover den Schriftzug der Band U2 und eine Montage von
Michael Jacksons Kopf auf einen nackten Frauenkörper zeigten (Abb. 3.1)
und dadurch die Anwälte der Musikindustrie auf den Plan riefen. Dadurch
gelangen den Plunderphonics zumindest Provokationen, die die Festivals
of Plagiarism im Kunstbetrieb nicht zu erzielen vermochten.
3.2 Noch auszuführen: Anticopyright-Subkulturen, Netzkunst und Freie Software
~
* Historische Konvergenz: Richard M. Stallman-Interview in der
Bostoner Mail Art-Zeitschrift Version 90, Nr. 2, 1990, S.92-97
* Personelle Kontinuitäten: Matthew Fuller und Graham Harwood
(Festivals of Plagiarism London 1988 und Glasgow 1989, I/O/D,
Mongrel)
* Plagiate der Plagiatismus-Schriften in den Manifesten der
Net.art-Piraten 0100101110101101.ORG
* Kollaborative Textproduktion und -Kritik in Netzkulturen
* Das Konzept der Geschenkökonomie von Marcel Mauss, Die Gabe,
1922/1923, wird fehlgelesen von
1. Situationisten und Lettristen (Zeitschrift Potlach)
2. Eric S. Raymond, The Cathedral and the Bazaar
3. Richard Barbrook, The Holy Fools
Bibliographie
[SI]
Situationistische Internationale, übers. von Pierre Gallissaires
und Hannah Mittelstädt, Hamburg: MAD Verlag, 1976, Bd.1
(Nr./1958)
[deb57]
Guy Debord, Rapport zur Konstruktion von Situationen, Hamburg:
Nautius, 1980 (Paris 1957)
[lautr]
Lautréamont, Poésies, in: ders., Gesamtwerk, übers. von Ré
Soupault, Reinbek: Rowohlt, S.282
[urb91]
Klaus Urbons, Copy Art, Köln: DuMont, 1991
[vag18]
Vague #18/19, London 1985, S.3
[sm67]
SMILE 6/7, Baltimore 1986
[wiesb83]
1962 WiesbadenFluxus 1982, hrsg. v. René Block, Berlin 1983
[obs101]
New Observations, Nr.101, New York, Mai/Juni 1994, S.25
[mi97]
Mind Invaders, London: Serpent's Tail, 1997
__________________________________________________________________
Fußnoten:
1 ,,From Lautreamont onwards it has become increasingly difficult to
write, not because we lack ideas and experiences to articulate - but
due to Western society becoming so fragmented that it is no longer
possible to piece together what was traditionally considered `good'
prose.``, [mi97], S.133
2 http://www.hyperreal.org/intersection/zines/est/articles/plagiari.html
3 http://www.vanguardonline.f9.co.uk/00505.htm
4 http://www.phutyleinternational.com/acright/acright.htm
5 Martial I,52
6 SMILE 23, Doncaster 1986: ,,The concept of plagiarism, after all, is
implicit in the concept of writing, and Thoth must therefore be
regarded as the god of plagiarism, Lord of the plagiaristic process. It
is for this reason that all future SMILE editions should be consecrated
to his name.``
In derselben Ausgabe heißt es: ,,The Neoists first made themselves
known to the world in the early 1970s when a document was circulated
throughout the United States. This manuscript, known as the Fama,
declared to the world the existence of an international brotherhood
known as the Neoist Conspiracy, whose purpose was to bring about a new
age of enlightenment. [...] Later in the 1970s a second Neoist document
appeared in the States and was widely circulated throughout Canada and
Europe. Once again the anonymous authors urged the same response. The
third and final document in this inital series was published in Quebec
in 1980. It was known as The Chemical Wedding of Monty Cantsin``, und
in einem anderen Text derselben Ausgabe: ,,
7 Der Begriff des e-zines stammt aus dieser Periode.
8 ,,No matter that the Festivals of Plagiarism were mainly art shows for
collages & copy art & paintings & other such banal pictorial forms. No
matter that Festivals of Recycling might have been more accurate
descriptions. The important thing is that by virtue of calling the act
of reusing & changing previously existing material (not even always
with the intention of critiqueing said material) 'Plagiarism', the
appearance of being 'radical' could be given to people whose work was
otherwise straight out of art school teachings. If the process of
reusing had been called something so uncontroversial as 'recycling' the
festivals would have seemed more like the product of 'outmoded hippie
liberals' & wouldn't have sold nearly as well.``
9 Proletarian Posturing and the Strike that Never Ends, in: SMILE
(o.N.), ,,A repetitive critique of ' 'ownership' and 'originality' in
culture was juxtaposed with collective events, in which a majority of
participants did not explicitly agree with the polemics. Many of the
participants simply wanted to have their 'aesthetic' and vaguely
political artwork exposed, and found the festival a receptive vehicle
for doing so. Throughout much of these ideas loomed 'abstract'
questions of power, even at the level of event organization. In a very
obvious way, 'activists' were structuring events and language to give
weight to a programmatic agenda of ideas. At the same time, there was
considerable dissent as to what those ideas consisted of.``
--
Florian Cramer, PGP public key ID 6440BA05
http://userpage.fu-berlin.de/~cantsin/
http://www.complit.fu-berlin.de/institut/lehrpersonal/cramer.html
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